Karte von 1697
URSPRÜNGE DER WALLFAHRT
Ursprung der Wallfahrten liegt im Mittelalter
Maria Roggendorf zählt zu den ältesten Marienwallfahrtsorten Niederösterreichs. Schon 1291 beherbergte die Ortskapelle einen „Liebfrauenaltar". Der eigentliche Ursprung der Wallfahrt ist für 1450 anzusetzen. Ein Verwalter des benachbarten Raffelhofes, dessen Kind durch Gebet vor dem Bild Heilung gefunden haben soll, hatte das heutige Gnadenbild in die Roggendorfer Kapelle übertragen und dort aufstellen lassen.
Die Kunde vom wunderbaren Wirken des Bildes verbreitete sich und zog bald Wallfahrer und Prozessionen an. Nach einem Rückschlag, den die noch junge Wallfahrt zur Zeit der Reformwirren des 16. Jahrhunderts hinnehmen musste, wurde sie im Zuge der Gegenreformation wieder belebt. Man kann von einer ersten Blüte der Wallfahrt in Roggendorf sprechen.
Stift Göttweig und Maria Roggendorf
Stift Göttweig heute
Das Gnadenbild zog immer mehr Wallfahrer von nah und fern an, sodaß die kleine Kapelle die Pilger nicht mehr fassen konnte. Das Stift Göttweig, dem Roggendorf inkorporiert ist, besaß damals in Gregor II. Heller einen Abt, der gleicherweise kunstsinniger Bauherr wie eifriger Verehrer der Gottesmutter war. In ihm reifte der Plan und Entschluß zum Bau einer neuen geräumigen Wallfahrtskirche. Mit Vollendung des stattlichen Kirchenbaus (1653) erfuhr die Wallfahrt einen mächtigen Auftrieb. Das Einzugsgebiet der Wallfahrt reichte weit über den heutigen Verwaltungsbezirk Hollabrunn hinaus.
Die rasche Aufwärtsentwicklung der Roggendorfer Marienwallfahrt veranlaßte die Pfarre Nappersdorf und das Stift Göttweig, „für einen entsprechenden Gottesdienst zu sorgen: Dieser wurde nunmehr feierlicher gestaltet als früher, fremder Klerus nahm häufig daran teil. Von Hollabrunn kamen regelmäßig Kapuziner zur Beichtaushilfe.“
Auch Göttweiger Äbte wallfahrteten gerne nach Roggendorf, so z.B. Abt Berthold Mayer (1708) und Abt Gottfried Bessel (1731). Seit 1721 wurde es üblich, daß alljährlich am Hauptfest Mariä Geburt mehrere Kleriker mit der Musikkapelle vom Stift Göttweig nach Roggendorf kamen.
Ein besonderer Förderer der Roggendorfer Wallfahrt war Abt Odilo Piazol (1749 - 1768). Über ihn berichtet Aemilian Janitsch in seiner Geschichte Göttweigs: „Zu dieser Kirche (gemeint ist die Wallfahrtskirche von Roggendorf, d.V.) hatte er durch sein ganzes Leben vieles Zutrauen und führte alljährlich am Mariä-Geburts-Tage von Göttweigh die Prozession dahin, wo er auch zu wiederholten Malen predigte.“ Ihm verdankt die Wallfahrtskirche viele Kostbarkeiten, die heute noch das Gotteshaus zieren.
Höhepunkt und Verbot
Ihren Höhepunkt fand die Wallfahrt in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. So wurden z.B. im Jahr 1715 am Hauptfest Mariä Geburt 5000 Kommunionen gespendet. Der Zustrom der Wallfahrer war zu dieser Zeit so groß, daß auch außerhalb der Kirche in Privathäusern die hl. Messe gefeiert wurde, wie ein Visitationsbericht aus dem Jahr 1711 bezeugt. Diesem ist allerdings auch zu entnehmen, daß „Bratlbuden und Krämerläden" in so großer Zahl vorhanden waren, daß sie die kirchlichen Feiern behinderten.
Im 18. Jahrhundert besaß der Wallfahrtsort eine große Anzahl von Votivtafeln, die Zeugnis gaben, daß Verehrer der Gottesmutter in ihren Bedrängnissen wunderbare Erhörung erfahren durften. Heute sind davon allerdings nur mehr zwei vorhanden.
Brachte das erste Viertel des 18. Jahrhunderts den bisherigen Höhepunkt der Roggendorfer Marienwallfahrt, so ist das letzte Viertel dieses 18. Jahrhunderts von deren Niedergang gekennzeichnet. Dieser beginnt bereits mit der Regierung von Kaiserin Maria Theresia, die 1772 erste Beschränkungen in der Durchführung der Wallfahrten verfügt. Die Verordnungen ihres Sohnes und Nachfolgers Josephs II. „waren es, die dem Wallfahrtswesen im allgemeinen, und damit auch der Roggendorfer Marienwallfahrt im besonderen, den entscheidenden Stoß versetzten“. Am 21. März 1785 verbot Kaiser Joseph II. die bis dahin noch gestatteten jährlichen zwei Prozessionen.
Auf die Wallfahrt zum Bild Unserer Lieben Frau in Roggendorf hat sich das josephinische Verbot verheerend ausgewirkt. So schreibt der Chronist: „Die Kirche, wenn auch noch immer in der Umgebung respektiert, hat doch aufgehört, eine Wallfahrtskirche zu sein.“ In den vorhandenen Gedenk- und Verkündbüchern sowie in den Kirchenrechnungen des ausgehenden 18. und des 19. Jahrhunderts fehlt jeglicher Hinweis auf eine öffentliche Wallfahrt.
Die Verehrung des altehrwürdigen Gnadenbildes wurde nur mehr durch private Pilger gepflegt. Das Gnadenbild wurde im Laufe der Zeit immer mehr vernachlässigt und geriet sogar in Vergessenheit.
Langsames Erwachen
P. Rupert Feichtinger OSB - Pfarrer von Roggendorf in den Jahren 1913 bis 1945 – setzte einen Neubeginn der Roggendorfer Marienwallfahrt. In einem Zeitungsartikel aus dem Jahr 1924 schrieb er: „Nicht bloß eifrige Priester, sondern alle wahren Verehrer Mariens haben dies (den Niedergang der Wallfahrt, d. V.) bedauert, und es war ihr Wunsch, daß die alte Wallfahrt neu belebt werde.“ Somit wurde im Jahr 1924 ein Neubeginn der öffentlichen Wallfahrt zum Gnadenbild nach Roggendorf gesetzt. Dr. Holzer bezeichnet das Fest Mariä Geburt des Jahres 1924 als „Stunde der Wiedergeburt der öffentlichen Wallfahrt zum Gnadenbild Unserer Lieben Frau in Roggendorf“.
Von diesem Jahr an zogen alljährlich Prozessionen („Kreuzscharen“) aus den umliegenden Ortschaften zur Feier des Patroziniums am Fest Mariä Geburt nach Roggendorf und sammelten sich dort zu einer Muttergottesandacht. Die Zahl der Wallfahrer an diesem Tag lag zwischen 1000 und 1500. Eine besonders rege Beteiligung - 2500 Pilger - vermerkt die Chronik für den Wallfahrtstag des Jahres 1945.
Der Roggendorfer Wallfahrtstag war zugleich ein kleiner Kirtag. Nach der Andacht in der Kirche wurden die „Standln" belagert, und nahe der Kirche sorgte der Wirt aus der Nachbarpfarre Aspersdorf für das leibliche Wohl der Wallfahrer. Besonders für die Ortsbevölkerung von Roggendorf wurde diese jährliche Wallfahrt ein großer Tag: Der Wallfahrtstag war zugleich ein Familienfest, zu dem man Verwandte und Bekannte einlud.
„Diese zeitlich auf die Feier des Hauptfestes Mariä Geburt und örtlich auf die umliegenden Pfarren beschränkte Gestalt behielt die Roggendorfer Wallfahrt bis zum Jahr 1969.“
Das Gnadenbild Unserer Lieben Frau
Das Gnadenbild Unserer Lieben Frau in Maria Roggendorf gehört dem Typus der „zärtlichen Muttergottesdarstellungen an. Sein auf Leder gemalter Kern, der mehr als 500 Jahre alt ist, zeigt Maria mit dem Kind, Wange an Wange ruhend. Über Herkunft und weiteres Schicksal des Roggendorfer Gnadenbildes wissen wir, abgesehen von der Ursprungslegende, nur wenig.
Durch das öffentliche Wallfahrtsverbot geriet das Gnadenbild immer mehr in Vergessenheit. Schon zu Beginn unseres Jahrhunderts plante man, das altehrwürdige Gnadenbild, das verwaist an einem Pfeiler der Südwand des Presbyteriums hing, wieder zu Ehren kommen zu lassen. Die Wirren der Zeit hinderten jedoch die Ausführung dieses Planes. Seit der Errichtung eines neuen Hochaltares um das Jahr 1800 stand auf diesem eine spätgotische Holzplastik - vermutlich die hl. Anna mit der kleinen hl. Maria darstellend – im Mittelpunkt der Verehrung.
Gnadenbild erhält Ehrenplatz
Am 10. September 1967, dem Roggendorfer Wallfahrtstag, konnte – nach gründlichen Forschungen seit 1961 durch den Organisten Dr. Gottfried Holzer – der Plan, das Gnadenbild wieder zu Ehren kommen zu lassen, in die Tat umgesetzt werden: Das alte Gnadenbild wurde über dem Hochaltar in throno wieder zur Verehrung aufgestellt. Eine anschließende Beratung der Geistlichkeit der benachbarten Pfarren ließ den Gedanken von neuem wach werden, an diesem Platz Maria die geschuldete Ehre zu erweisen.
Noch im September 1967 holten Experten des Bundesdenkmalamtes über Ansuchen vom 18. September 1967 das Bild ab und restaurierten es in sorgfältiger und mühevoller Arbeit. Nach zwei Jahren – im Juli 1969 – wurde das Gnadenbild an die Wallfahrtskirche zurückgegeben und in einem modern gestalteten Flügelaltar an den Stufen zum Presbyterium im Zentrum des Kirchenschiffes aufgestellt.
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